Der Yogi, der im Zustand des Yoga (Samadhi) weilt,
unterscheidet nicht kalt noch warm,
nicht den Schmerz oder das Vergnügen,
nicht Ehrungen und Demütigungen.
Jemand, der in diesem Zustand verweilt,
ist mit Sicherheit befreit.
Yoga
Yoga ist ein mehrere 1000 Jahre altes, ganzheitliches Übungssystem aus Indien. Es beinhaltet Atemübungen (Pranayama), Körperübungen (Asanas), geistige Übungen zum Rückzug der Sinne (Pratyahara), zur Konzentration und geistigen Kontrolle (Dharana) oder zum Einstellen jeglicher Gedanken (Dhyana), der Meditation, zur Entspannung (Savasana). Reinigungsübungen (Kriyas) vertiefen diesen Weg, der zu einer Lebenseinstellung werden kann, genauso wie Rezitationen in der indischen Gelehrtensprache Sanskrit (Sutren, Mantren) oder gemeinschaftliche Gesänge im Ruf und Gegenruf (Kirtans). Symbolhaltige Fingergesten (Mudras) eröffnen dem Übenden überraschend schnell eine einfache Energieerfahrung.
Das Wissen über Yoga wurde stets mündlich von Lehrer zu Schüler in Form von allgemein geltenden und individuell angepassten Weisungen tradiert. Es gab jedoch auch immer Menschen, die sammelten und niederschrieben, so hat sich z. B. Patanjali um die Sutren verdient gemacht. Hieraus stammt einer der bekanntesten Verszeilen: ‚Durch Yoga kann dein Geist zur Ruhe kommen.’ Von ihm wird auch gerne der 8stufige Pfad zitiert, der für viele ernsthaft Yoga Praktizierende als Lebensrichtlinie für den Alltag angenommen wird. Es gibt jedoch noch andere berühmte Schriften: die Hatha Yoga Pradipika, die Upanishaden und die Bhagavad Gita. Im heutigen Alltag beruft man sich dann allgemein auf ‚die Yoga-Philosophie’, wenn man auf diese Hauptwerke zurückgreift.
Ein Bild, das ich von einer meiner Lehrerinnen bekommen habe, beschreibt für mich sehr gut, was Yoga bewirkt:
‚Du hast eine Kutsche, einen Kutscher, einen Passagier und die Pferde: Die Pferde schirrst du an und lenkst sie. Das sind deine Gedanken, die du disziplinierst. Der Kutscher ist dein Geist. Ist er nicht klar, nicht bei Sinnen, dann kannst du deine Gedanken nicht disziplinieren. Die Kutsche ist dein Körper. Sie hältst du mit den körperlichen Übungen in Form. Der Passagier ist deine Seele. Sie reist nur wohlbehalten durchs Leben, wenn du die drei übrigen mittels täglicher Übungen im Griff hast.’
Pferde, Kutscher und Kutsche sind miteinander durch Deichsel, Geschirr, Zaumzeug und Zügel verbunden. Das bedeutet übrigens YUI. Joch. Verbindung. Es ist die Herkunft des Wortes Yoga.
Heute ist die Yoga-Landschaft unübersichtlich geworden und recht kommerzialisiert: um mir selbst und Interessierten einen Überblick zu geben, habe ich mir nach einer sehr pragmatischen Hatha Yoga-Lehrerausbildung andere in Form von Weiterbildungen angesehen. Bei tiefer gehendem Interesse wurde daraus eine weitere Yogalehrer-Ausbildung. Hier ein sehr pragmatischer Überblick in Form eines kurzen Abrisses, wie er sich mir bisher erschlossen hat:
Hatha Yoga: ALLE körperlichen Yogaformen! Ha-Tha stellt die Dualität von Sonne-Mond ähnlich dem Yin & Yang dar, Hatha als ganzes Wort bedeutet Krieger, es handelt sich also um das Training der Kriegerkaste, mit der sich diese Männer fit für den Kampf hielten. Für diese Weisheit danke ich Adelheid Olig, die sowohl Sprachwissenschaftlerin und Übersetzer/Dolmetscher ist, als auch Yogalehrerin und Ausbilderin in dem von ihr begründeten Luna-Yoga (luna-yoga.com).
Astanga: festgelegte Abfolge von Asanas in 90 Minuten, auf Mittelstufe und Fortgeschrittene steigerbar, sehr sportlich, z. B. durch gesprungene Sonnengrüße und reichlich Armbalancen. Beruft sich auf den 8stufigen Pfad. Durch Sri Pattabhi Jois im sog. Mysore-Stil populär geworden. Die Wurzel entstammt T. Krishnamacharya, der erste Yogalehrer, der den Fluss (den Flow) und das Vinyasa (die sinnvolle Abfolge) in die Yogapraxis brachte. Für Gesunde! Ich danke Bettina Anner für die unglaublich lebenspraktische Einführung darin (https://www.bettinaanner.com) und Michael Hamilton (https://www.michaelhamiltonyoga.com).
Power Yoga: Astanga im modernen Gewand. Es werden bereits Kramas verwendet, also innerhalb der Asanas Steigerungsstufen, die besser an die Kondition des Übenden angepasst sind, als das ursprünglichere Astanga. Begründet von 2 sehr charismatischen Lehrern, Beryl Bender Birch (https://www.power-yoga.com) und dem berühmten Bryan Kest, beide mit Tiefgang, die eine etwas leiser, aber mitreißend, der andere zunächst verstörend ‚deftig’, aber dafür sehr bodenständig und immer ohne aufdringlich zu sein (https://poweryoga.com). Bryan holt die celebrities zurück auf den Boden der Tatsachen, z. B. Madonna und Sting.
Bikram Yoga: festgelegte Reihenfolge von 26 Asanas in 90 Minuten bei 38° Raumtemperatur, oft auch hoher Luftfeuchtigkeit. Ich habe keine spirituelle Ausprägung dabei kennen gelernt, aber . Von Bikram Choudhury begründet, der leider selbst dazu beigetragen hat, den Yoga-Hype zu polarisieren (https://www.bikramyoga.com).
Hot Yoga: m. E. Bikram Yoga ohne Lizenz. Wird jetzt auch schon synonym benutzt.
Anusara Yoga: modernes Hatha Yoga im Vinyasastil, der Fokus liegt auf Herzöffnern, daher häufig Rückbeugen. Das Hauptanliegen ist ‚opening to grace’, was besonders bei Babra Noh authentisch und oft berührend unterrichtet wird. In den Asanas wird viel mit Spiraldynamik gearbeitet. Heiter mit viel Tiefgang vermittelt Jordan Bloom Philosophie und bringt sie in die Mattenpraxis (https://jordanbloom.com). Persönlich gestaltete und choreografierte Yogastunden, die das Leben bejahen und feiern sollen. Babra Noh, aus dem Ballett und WOYO ® (https://woyo.de) kommend, hat mit ihrer Anmut und Hingabe viel zum positiven Image und zur Verbreitung dieses jungen Stils hier bei uns auch nach dem Skandal um John Friend beigetragen, der als Begründer angegeben wird. (https://www.barbranohyoga.com) . Es gibt eine gemeinsam gesungene Invocation (Anrufung, des Göttlichen).
ISHTA Yoga: ein Kürzel für Individual Science of Hatha, Tantra and Ayurveda. Eine Klasse für sich duch die Ayurveda, die Typenbestimmung (Doshas), die individuell und saisonal angepasste Ernährung. Besonders eingängige Meditationen. Ein modernes Hathasystem, das durch Alan Finger (https://www.ishtayoga.com) absolut schlüssig und lebbar aufbereitet wurde. Sehr viel Hintergrundwissen von sehr vielen indischen Yogagrößen, da er als Kind bereits mit ihnen als Gästen in einem offen geführten Elternhaus in Südafrika aufwuchs. Seine Botschafterin Rachel Zinnman (https://www.rachelzinmanyoga.com) aus Australien und Sabine Kötting (https://www.ishta-yoga.de) sind wunderbare Ausbilder, seine 3. Ehefrau Sarah Platt-Finger hat eine unglaubliche Präsenz und dabei Zartheit.
Hatha Yoga nach B. K. S. Iyengar (https://www.bksiyengar.com): Iyengars Verdienst ist die Aufnahme von Hilfsmitteln in den Yogaunterricht und die Praxis. Blöcke, Gurte, Kissen, Klappstühle sind sein Verdienst. Nach dem er sich – den bisherigen überlieferten Anweisungen folgend – selbst im Yoga verletzt hatte und es über 1 Jahr blieb, ging er jedem einzelnen Asana in seiner Ausrichtung auf den Grund. Ich sehe in ihm den Begründer der Yogatherapie! Mit seinen detaillierten Anweisungen, Engagement und dem Quentchen Glück schaffte er es bis zur Anerkennung seines Yoga durch die WHO, die Weltgesundheitsorganisation. Auch philosophisch ist er in die Tiefe gegangen und hat sich seine eigenen und ganz neuen Gedanken gemacht. Sein bekanntestes Werk ist Licht auf Yoga. Er verstarb erst 2014, und seine Tochter Greta setzt seine Arbeit fort. Michael Forbes hat sich in München um diesen Stil verdient gemacht (https://www.iyoga.de).
Prana Flow ®, früher Prana Vinyasa Flow, begründet durch Shiva Rea (www.shivarea.com): in der modernen Zeit hat wohl keine/r Hatha Yoga mehr revolutioniert, als Shiva Rea mit ihren detailiert ausgeklügelten Übergängen. Vom Astanga kommend, hat sie ihren ureigensten Stil entwickelt, mitreißend und aufwühlend kreiert sie komplexe Sequenzen, die sowohl tanzpädagogisch, als auch sportwissenschaftlich fundiert sowie kampfsportlich und ur-indisch rituell inspiriert. Keine Ausbilderin fordert ihre Schüler mehr zum Denken und entwickelt Lehrerpersönlichkeiten so nachhaltig und tiefgreifend zu eigenen Charakteren wie sie: Twee Merrigan (https://www.tweeyoga.com), Simon Park (www.liquidflowyoga.com), Christine May (https://www.christinemay.de), Sanne Eichinger (https://www.yogakinder.de/prana-flow-yoga). Für mich die vielfältigste, lebendigse und autentischste yoga comunity weltweit. Freundschaftliche Verbindung und Unterstützung dort war und ist gelebtes Yoga für mich.
Jivamukti: kraftvoller Vinyasa-Stil in Abfolgen, die stark Astanga ähneln, die aber flexibler gehandhabt werden, als im Astanga oder Power-Yoga und um Themen bereichert werden. Starkes Einfordern von veganer Lebensweise, die aus dem ‚ahimsa’, dem Gewaltverzicht abgeleitet wird. Prominenteste Vertreter sind Sharon Gannon und David Life, die Begründer aus den USA, (https://jivamuktiyoga.com), in Deutschland Dr. Patrick Broome (https://www.patrickbroome.de), der auch die Deutsche Fußball Nationalmannschaft an Yoga als effektives Trainingssystem herangeführt hat. Sein offener Umgang mit dem Krebs und seine Ehrlichkeit zu Ernährung und Strahlentherapie vor diesem Hintergrund waren im Interview entwaffnend und unglaublich einnehmend. Wie Michael Forbes und Bryan Kest ist auch er ein Familienmensch, im professionellen Yoga eher eine Seltenheit.
Hatha Yoga bei YogaVidya nach Swami Vishnu-Devananda (https://www.yoga-vidya.de): Franchise-System für Studiogründer und Lehrerausbildungen wie am ‚Fließband’ zu Dumpingpreisen durch Mitarbeit während der Ausbildungen. Sukadev Bretz ist ein ‚abtrünniger’ Sivananda-Yogi, der den Verein YogaVidya in Ashramform gegründet hat. Ein absolut heller Kopf, geistiger Überflieger, zusätzlich mit dem nötigen Kapital väterlicherseits ausgestattet. Vom Yogastil her habe ich die exakte anatomische Ausrichtung vermisst, die Verletzungen vorbeugen würde, ein sinnvolles Sequencing der Asanas hat mir gefehlt. Meine Wahrnehmung ist viel indieninspirierter Dogmatismus, wenig bodenständiger Pragmatismus. Auch hier wird die Verbindung von ‚ahimsa’ und dem Verzicht auf tierische Nahrung hergestellt. Da außerhalb der Yogalehrer-Ausbildung (je 1 Praxis und Theorie am Vor-und Nachmittag) die bloße Anwesenheit im Wachzustand im Ashram als Ausbildungsstunden gerechnet wird (im Schnitt 10-11 Std. täglich), kommen Aspiranten nicht nur billig, sondern auch schnell zum Zertifikat (200 Stunden in 2 Wochen), was sich dann ‚draußen’ rächt. Mir blieb zu wenig Zeit mir eigene Gedanken zu machen und sie im Austausch mit anderen abzuwägen. Bei verpflichtendem Schweigen von 22:00 – morgens zur Theorieeinheit und dem Abschalten des Stroms zum einzigen PC sowie dem persönlichen Begleiten von Zweiflern bis zum Ende seines Zweifelns habe ich mich dem latenten Versuch einer Gehirnwäsche ausgesetzt gefühlt. Bemerkenswert fand ich auch die Umbenennung vorhandener eingängiger Begriffe wie ‚Intuition’ duch Sukadev in ‚innere Spürgenauigkeit’, deren Sprachgebrauch auch von den Ausbildern eingefordert wurde. Aufgefallen ist mir auch, dass wirklich jeder Trend das Seminarspektrum erweitert. Als tolle Ausbilder möchte ich die Spanierin Gauri erwähnen, die damals eine Kette von 12 Studios in Spanien betrieb und jedes Asana mit einer Osteopathin durchgesprochen hat, sie war meine Initialzündung als junge Yogalehrerin, wo ich die ersten zehn Jahre hinwollte; und Keshava, der als Trainer des FC Köln und aus dem eigenen Fitnessstudio breites Alltagswissen aus dem täglichen Leben mit tiefer Hingabe an Yoga verband. Beide haben Familie.